Kabotage bedeutet im Sinne der EU, dass ein im Ausland niedergelassener Frachtführer nach einem internationalen Transport innerhalb eines anderen EU-Staates innerstaatliche Beförderungen durchführt. Nach Art. 8 Abs. 2 der VO (EG) 1072/2009 darf er dabei ab der vollständigen Entladung der importierten Güter höchstens drei Fahrten innerhalb von sieben Tagen mit demselben Fahrzeug ausführen. In Deutschland gilt weiterhin: Die letzte Entladung im Aufnahmemitgliedstaat muss binnen sieben Tagen nach der internationalen Entladung erfolgen.
Zählweise der Kabotagefahrten
Nach bundesweiter Verwaltungspraxis gilt: Eine einzelne Kabotagefahrt liegt vor, wenn der Transport im Auftrag eines bestimmten Absenders zu einem bestimmten Empfänger erfolgt, unabhängig davon, ob auf dem Weg Teile der Lieferung an verschiedenen Orten aufgenommen oder abgeladen werden. Liefert ein Fahrzeug jedoch an mehrere Empfänger, werden daraus mehrere Kabotagefahrten gezählt. Das Oberverwaltungsgericht Köln hatte 2021 klargestellt: „Eine Mehrzahl an Kabotagebeförderungen liegt … vor, wenn … an mehrere Empfänger geliefert wird“. Dies entspricht der Auffassung des Bundesamts für Logistik und Mobilität (BALM) und wurde nun auch vom OLG Köln bestätigt.
- Maximal 3 Fahrten: Nach EU-Recht dürfen es nur noch drei Kabotagefahrten innerhalb von sieben Tagen sein.
- Ein Fahrtauftrag = ein Empfänger: Nur wenn ein Spediteur im Auftrag eines Absenders an einen einzigen Empfänger liefert, zählt das als eine Fahrt.
- Mehrere Empfänger = mehrere Fahrten: Jeder rechtlich unabhängige Empfänger gilt separat. Zwei oder mehr Empfänger bedeuten zwei oder mehr Kabotagefahrten.
Beispiel: Ein Getränkehersteller beauftragt einen ausländischen Frachtführer, fünf verschiedene Supermärkte per Sammelladung zu beliefern. Alle fünf Lieferungen passen auf einen Lkw. Nach der Auslegung gilt dies als fünf Kabotagefahrten – das zulässige Kontingent von drei Fahrten ist damit deutlich überschritten.
Das OLG Köln hat in seinem Beschluss vom 24. April 2025 (Az. 1 ORbs 30/25) genau diese Zählweise bestätigt. Im konkret kontrollierten Fall war ein polnischer Lkw an einer Autobahnkontrolle in NRW beanstandet worden, weil er innerhalb von sieben Tagen mehrere Fahrten zu unterschiedlichen Empfängern durchgeführt hatte und damit „die zulässige Zahl von Kabotagebeförderungen überschritt“.
Konsequenzen und Praxistipps
Aus diesem Urteil folgt: Bereits eine Teilladung mit mehreren Kunden kann das Kabotage-Kontingent komplett aufbrauchen. Die Dokumentation muss eindeutig belegen, welcher Absender welchem Empfänger welches Teilstück geliefert hat. Dabei sollten sämtliche Empfänger im CMR-Frachtbrief korrekt benannt und nach Ablieferung mit Unterschrift und Datum bestätigt sein.
Transportunternehmer sollten deshalb besonders genau prüfen, ob Firmen mit ähnlichen Namen tatsächlich rechtlich voneinander unabhängig sind. Nur echte Drittempfänger zählen jeweils getrennt. Um Bußgelder wegen Kabotageverstößen zu vermeiden, empfiehlt es sich, bei Zweifel die Unabhängigkeit anhand des Handelsregisters festzustellen und die Frachtpapiere präzise auszustellen.
Fazit: Nach dem aktuellen OLG-Beschluss ist nicht die Zahl der Frachtverträge, sondern die Zahl der eigenständigen Empfänger ausschlaggebend für die Zählung von Kabotagefahrten. Jede Lieferung an einen anderen Empfänger verbraucht ein weiteres der maximal drei erlaubten Inlandsfahrten innerhalb von sieben Tagen. Spediteure müssen dies bei der Disposition beachten, damit sie das erlaubte Kontingent nicht ungewollt überschreiten.
Quellen: EU-Verordnung 1072/2009 (Art. 8); BALM (Definition Kabotage); VG Köln 18 K 8314/18 (Auslegung Kabotage); OLG Köln 1 ORbs 30/25 (Beschluss v. 24.4.2025).